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Eine Retrospektive auf das Webinar „Stand der BIM-Nutzung und Chancen für die Bauwirtschaft“

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Eine Retrospektive auf das Webinar „Stand der BIM-Nutzung und Chancen für die Bauwirtschaft“

Guest User

Building Information Management (BIM) als Treiber der digitalen Transformation in der Bau- und Immobilienbranche – wenn die Umsetzung in der Praxis nur so einleuchtend wäre, wie die Chancen des Konzepts selbst. Denn wie so oft leisten Informationstechnologien zwar einen Beitrag zur Veränderung, sind aber nicht allein hinreichend dafür, dass Unternehmen und Verwaltungen die Chancen wahrnehmen können. Antworten auf die zentrale Frage wie die Bauwirtschaft mit den Chancen und Herausforderungen derzeit umgeht und wo die Schweiz in der BIM-Nutzung steht, haben wir versucht in unserem Lunch-Webinar vom 27. Mai 2021 zu finden. 

In einem ersten Teil referierten Raphaël Karlen und Michael Wieser über den heutigen Stand zur Einführung sowie die Erwartungen an BIM aus Sicht der Schweizer Marktplayer der Bauwirtschaft. Im Anschluss zeigte Antoine Rerolle, Regional Leiter Bern/Basel bei Losinger Marazzi SA, auf, wie es Losinger Marazzi gelingt, BIM erfolgreich einzuführen und die Qualität und Produktivität zu steigern. Den Abschluss machten Laurin Bertozzi, sieber&partners, und Claus Maier, EBP Schweiz AG, mit einem Vortrag über den heutigen Einsatz von BIM in allen Phasen des Bau- und Immobilienzyklus und legten den Fokus dabei auf den digitalen Informationsfluss und die Qualitätssicherung.  

Raphaël Karlen, Geschäftsleitung MAK Consulting, und Michael Wieser, Leitungsmitglied SBB Energie, haben die Ergebnisse der Studie «Qualifizierte Bestandsaufnahme zur Einführung von Building Information Modelling (BIM) in der Schweiz» vorgestellt. Den Autoren gelingt es in ihrer Studie, das Thema BIM in aller Breite und Tiefe darzustellen, theoretisch einzuordnen und mit empirischen Untersuchungen fundierte Aussagen zum Stand und den Erwartungen an BIM aus der Sicht der Marktplayer der Bauwirtschaft aufzubereiten. Nachstehend fassen wir die Kernaussagen zusammen und haben dazu auch die Meinung der Studienautoren eingeholt. 

Fakt ist: BIM wird für die Digitale Transformation des Hoch- und Tiefbaus mehrheitlich als zentraler Treiber gesehen. Dennoch fehle laut der Ergebnisse in wesentlichen Teilen der Bau- und Immobilienbranche ein Gesamtverständnis der Digitalen Transformation, das heisst der gesamtheitlichen Digitalisierung von Projekten und Prozessen. So bestehe eine häufige Fehleinschätzung darin, dass «BIM als Digitalisierung einzelner Arbeitsschritte wie der Einführung des CAD in den 1990er-Jahren verstanden wird und nicht als grundlegende Veränderung der Wertschöpfung und damit der Branchenstruktur im Sinne einer Digitalen Transformation». Überraschend war für die Autoren selbst, dass in der Schweiz «das Bewusstsein dafür fehle, dass heute nicht nur Gebäude, sondern auch Datenmodelle gebaut werden».  

BIM als Datenmodell kann nur in seiner Gesamtheit mehr Transparenz und Kollaboration in der heute eher heterogen strukturierten Baubranche und ihrer Wertschöpfungsprozesse erhöhen. Dies würde dann zu Effizienzsteigerungen und Einsparungen in Planung, Realisierung und im Betrieb von Gebäuden und Infrastrukturen über den gesamten Life Cycle führen. Dennoch werden diese Einsparungen heute nicht oder nur ansatzweise realisiert. Wie im nachstehenden Graph zu sehen ist, werden zwar alle erwähnten Anspruchsgruppen von BIM betroffen sein, nur die wenigsten sind jedoch ausreichend vorbereitet (hinsichtlich entsprechendem Know-how, Tools, Ressourcen und Prozesse). 

Aus welchen Gründen ist das Schweizer Bauwesen trotz der sich bietenden Chancen nicht ausreichend auf BIM vorbereitet? Dafür nennen Karlen und Wieser drei Gründe:  

  1. «Es fehlt in wesentlichen Teilen der Bau- und Immobilienbranche am Grundverständnis der Digitalen Transformation, das heisst der Bedeutung einer gesamtheitlichen firmenübergreifenden Digitalisierung von Projekten und Prozessen.» 

  2. «Spezifische Missverständnisse, ein noch ungenügender Ausbildungsstand sowie ein unvollständiger normativer und regulativer Rahmen prägen die aktuelle Diskussion rund um BIM.» 

  3. «Kulturelle Faktoren: Geringe Veränderungsbereitschaft, das heisst die Tendenz zum Strukturerhalt einer etablierten Branche sowie fehlende Kompetenzen in Sachen Change-Management.» 

Die Einführung von BIM trifft innerhalb der Branche auch auf kritische Stimmen. Exemplarisch werden hier Bedenken geäussert, dass das notwendige (finanzielle) Investment, um mit BIM arbeiten zu können, bei weitem den zu erwartenden Nutzen überschreiten würde. Darauf entgegnen die Experten: «Die Einführung von BIM setzt eine Anfangsinvestition voraus, welche sich aber längerfristig auszahlt und die Wettbewerbsfähigkeit absichert. Wenn BIM mittelfristig auch Leistungs- und Honorarmodelle verändert, dann steht nicht die Frage der Effizienz spezifischer Arbeitsschritte, sondern die Effektivität der gesamten Unternehmensleistung und damit auch das Geschäftsmodell im Fokus». Des Weiteren wird kritisiert, dass sich der mit der Einführung von BIM verbundene Aufwand für kleine Unternehmen nicht rentieren würde. Karlen und Wieser gehen in dieser Hinsicht davon aus, dass «zumindest in einer ersten Phase vor allem institutionelle Investoren und staatsnahe Betriebe, wie die SBB, in ihrer Rolle als Bauherren nach der BIM-Kompetenz von Anbietern verlangen». Inwiefern sich dies auf den Markt der kleineren Planungsbüros für Einzelimmobilien auswirkt, bleibe offen. Entscheidend sei in Zukunft ein erhöhtes Mass an Kollaboration und Transparenz im Gesamtvorhaben der Einführung von BIM im Hoch- und Tiefbau. Es bestünden noch immer unterschiedliche Erwartungen an Branchenverbände, Behörden und Key-Player wie bspw. staatsnahe Betriebe. Letztere, wie beispielsweise die SBB, würden nun jedoch vermehrt in die Pole-Position gehen. 

Antoine Rérolle hat in seinem Beitrag aufgezeigt, wie sich Losinger Marazzi rund um das Thema BIM organisatorisch aufgestellt hat und einen spannenden Einblick in BIM-Anwendungsprojekte gewährt. Als Vorzeigeprojekt gilt insbesondere der Baukomplex Vortex in der Nähe von Lausanne, ein Studentenwohnheim, welches während der olympischen Jugendspiele in Lausanne 2020 als olympisches Dorf genutzt wurde. Die Herausforderung in der Errichtung war die komplexe Struktur des Gebäudes. Eine 3.5km lange durchgehende spiralförmige Rampe verbindet alle Stockwerke miteinander und hat ein Gefälle von 1%. 

Für die erfolgreiche Anwendung von BIM empfiehlt Antoine Rérolle eine Open BIM Umgebung zu schaffen (v.a. Common Data Environment), mit BIM Use Cases pro Bauphase zu arbeiten und eine transparente BIM Dokumentation zu etablieren. Bewusstsein müsse auch dafür geschaffen werden, dass BIM neue Kompetenzen und neue Rollen innerhalb eines Unternehmens fordere. 

Zukünftige Herausforderungen sieht Rérolle in der Frage wie der Carbon Footprint mit BIM pragmatisch bemessen werden könne sowie die Nutzung von BIM durch das Facility Management, hier bedürfe es weiterer Erprobung. 

Auch Claus Maier und Laurin Bertozzi unterstreichen in ihren Vorträgen die hohe Relevanz von BIM und die damit einhergehenden Chancen. 

Claus Maier stellt die Frage nach dem Return on Investment (ROI) von BIM ins Zentrum seines Vortrags und sieht diesen unter anderem im Informationsfluss und der damit einhergehenden Qualitätssicherung mittels BIM. 

Ein einleitender spannender Vergleich zeigt, dass die hohe Produktivität im Bauen seit der Errichtung des Empire State Buildings in New York im Jahr 1930, welches innerhalb von 20 Monaten aus dem Boden gestampft wurde, nicht mehr erreicht wurde. Die Gründe dafür sieht Claus Maier in steigenden Anforderungen an Architektur, Technik und Betrieb, hohe Prozesskomplexität sowie kurze Projektlaufzeiten. Dies führt zu einer kontinuierlich steigenden Menge an Informationen, die gesammelt werden. Der Kernnutzen von BIM bestehe nun im Informationsfluss, nämlich darin diese Informationen zu sammeln und allen Beteiligten zur Verfügung zu stellen. Es muss sichergestellt werden, dass die gesammelten Daten belastbar und die Datendurchgängigkeit im Prozess gegeben seien. Daraus resultiere eine höhere Planungssicherheit und die damit einhergehende Qualitätssicherung. Die Qualitätssicherung durch BIM impliziere eine leichtere Koordination unter Planern, eine bessere Abstimmung mit den Bedürfnissen der Kunden sowie eine bessere Schlussdokumentation, die für den Betrieb und im gesamten Lebenszyklus der Immobilie Mehrwert generiere. 

Laurin Bertozzi sieht den Mehrwert von BIM sogar noch einen Schritt weiter, nämlich in der Kreation von neuen Geschäftsmodellen und plädiert dafür BIM im Kontext der digitalen Transformation zu betrachten. 

Basierend auf einem bekannten Transformationsmodell zeigt Laurin Bertozzi die einzelnen Entwicklungsstufen, die BIM in einem Unternehmen hervorrufen kann.  

Wichtig sei, dass jedes Unternehmen für sich kläre, welche Entwicklungsstufe angepeilt werde und zum Unternehmen passe. 

Die Kernaussagen des Vortags lassen sich wie folgt festhalten: 

  • BIM bietet unzählige Chancen für die Bauwirtschaft – aber nur vernetzt. 

  • Die Zusammenarbeit in Netzwerken nimmt an Bedeutung zu – jeder Akteur muss seinen Wertbeitrag leisten. 

  • Jede Organisation braucht eine Zielarchitektur, die auf die Chancen und Herausforderungen der Digitalen Transformation ausgerichtet ist. 

Erfahren Sie wie wir bei Herausforderungen in der Digitalisierung von Bau- oder Immobilienprojekten unterstützen können.

Haben Sie Fragen zu den Inhalten oder zum Webinar? Oder wollen Sie die Aufzeichnung nachschauen? Dann kontaktieren Sie uns! Wir stehen gerne mit Antworten zur Verfügung!