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SLBG – Ein Systemwechsel wird eingeläutet

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SLBG – Ein Systemwechsel wird eingeläutet

Eva Gerber

Wie mehr Selbstbestimmung neue Akteur:innen schafft

Die gesetzliche Grundlage wird geschaffen, damit Menschen mit Behinderung ihr Leben stärker selbstbestimmt gestalten können: Aufgrund des Regierungsratsbeschlusses vom 23.11.2022 im Kanton Zürich findet das Gesetz über den selbstbestimmten Leistungsbezug durch Menschen mit Behinderung (SLBG) ab dem 01.01.2024 Anwendung. Dieser frühzeitige Entscheid zur Ratifizierung des Gesetzes soll im Kanton helfen, Planungssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen.

Das SLBG setzt die Voraussetzungen dafür, dass Betroffene – entsprechend ihrer individuellen Bedürfnisse – die Unterstützung erhalten, die sie benötigen. Grundlage der bedarfsgerechten Leistungen wird der sogenannte «SEBE-Voucher» sein, welcher von Menschen mit Behinderung entsprechend eingesetzt werden kann. «Gemeinsam werden wir so einen Meilenstein bei der Selbstbestimmung in den Bereichen Wohnen, Arbeiten und Tagesgestaltung erreichen.», hält Regierungsrat und Vorsteher der Sicherheitsdirektion Mario Fehr fest.

Grundsätzliche Änderungen: Was macht den Systemwechsel aus und welche Änderungen werden die aktuellen und neuen Beteiligten erfahren?

Selbstbestimmung für Betroffene

Im aktuellen System treten Menschen mit Behinderung in Institutionen ein, welche ein Wohn- und/oder Tagesstrukturangebot bieten. In diesen Institutionen wird der Bedarf bestenfalls gemeinsam mit den Betroffenen ermittelt und die entsprechende Kostenübernahme beim Sozialamt beantragt. Dies bedeutet, dass Menschen mit Behinderung auf die Institutionen und deren Betreuungsangebot angewiesen sind.

Neue Akteur:innen (Anbietende von Begleitung und Betreuung zu Hause)

Wie bereits erwähnt, müssen Betroffene ab dem 01.01.2024 nicht mehr in eine Institution eintreten und von dort aus Leistungen beziehen. Mit dem neuen SLBG können sie nun – je nach Bedarf – entscheiden, wie sie wohnen und woher sie die nötigen Leistungen beziehen möchten (wie z.B. von Stellen für Haushaltshilfen). Dabei ist wichtig zu erwähnen, dass das SLBG grundsätzlich keine Pflegeleistungen übernimmt – nur im Rahmen von Begleitung und Betreuung. Als Konsequenz steigt die Anzahl der potenziellen Anbietenden, welche für Menschen mit Behinderung tätig werden können. Mit dem neuen SLBG sollen jedoch nicht nur Anbietende und Institutionen Leistungen erbringen und verrechnen dürfen: Im neuen System «SEBE» können Menschen mit Behinderung auch Privatpersonen (ausgenommen Beiständ:innen), die sie daheim unterstützen, entschädigen. Privatpersonen können eine begrenzte Anzahl Stunden mit dem Kantonalen Sozialamt abrechnen. Dafür müssen die Privatpersonen Mindestanforderungen erfüllen, welche aktuell noch definiert werden. Das Sozialamt bzw. der Kanton Zürich wird auf seiner Webseite informieren, sobald die Anforderungen definiert sind und die Anmeldung als Privatperson möglich sein wird.

Neben der Leistungserbringung wird künftig auch die Abklärung, ob und wieviel eine betroffene Person Leistungen beziehen darf, neu geformt. So wird eine Abklärungsstelle geschaffen, welche die Aufgabe fachlich unabhängig durchführen kann.

Stationäre Institutionen

Das Gesetz läutet einen grossen Systemwechsel ein, welcher in Etappen umgesetzt wird. Um die Wahlfreiheit sicherzustellen, ist in einem ersten Schritt der Aufbau einer Angebotslandschaft mit Anbietenden von Begleitung und Betreuung zu Hause und eines guten Beratungsangebots nötig.

Sozialamt (als Drehscheibe des SLBG)

Das Sozialamt wird auch in Zukunft seine Arbeit als Drehscheibe der Bedürfnisse zwischen Menschen mit Behinderung und der Finanzierung und Abrechnung für Leistungen gegenüber stationären Institutionen sowie Anbietenden von Begleitung und Betreuung zu Hause einnehmen. Die bereits genannten Veränderungen wirken sich auch auf die Arbeit des Sozialamtes aus. So kommen auf das Sozialamt – neben den aktuellen, stationären Institutionen – künftig auch Anbietende von Begleitung und Betreuung zu Hause sowie die Abklärungsstelle zu. Mit der steigenden Anzahl von Akteur:innen werden auch die Anforderungen an eine einfache und behindertengerechte Applikationslandschaft, schlanke Prozesse sowie ein einfaches Abrechnungsverfahren erhöht.

Unterstützung im IT-Projekt

Seit Sommer 2022 sind laut Aussagen des Kantons Zürich bereits sechs Pilotprojekte gestartet, die sich mit dem Systemwechsel vertraut machen bzw. erste Erfahrungswerte sammeln dürfen. Die Umsetzung des ganzen Systemwechsel wurde in mehrere Teilprojekte aufgeteilt. Dabei erhielt das Sozialamt im IT-Teilprojekt ab Januar 2022 Unterstützung von sieber&partners.

Die ganze SEBE-Systemlandschaft muss neu aufgebaut werden – von den Instrumenten der Bedarfsabklärung über die Unterstützung der internen Prozesse und der Zusammenarbeit mit weiteren Organisationen bis hin zu den Schnittstellen zu bestehenden Systemen. Auch werden durch den direkten Kontakt mit Menschen mit Behinderungen neue Anforderungen an Frontends und an den Informationsaustausch (bspw. Webseite, Apps) gestellt. Die sogenannten «Instrumente» für Menschen mit Behinderung müssen einfach sowie barrierefrei anwendbar sein und die Umsetzung muss innert kürzester Zeit erfolgen, damit die Systemunterstützung zum Zeitpunkt der Inkraftsetzung des neuen SLBG bereit ist. Im IT-Teilprojekt liessen die Expert:innen Franziska Sezer, Laurin Bertozzi und Simon Perrelet ihr Know-How einfliessen, erstellten eine Studie und begleiteten das Kantonale Sozialamt (KSA) in einem nächsten Schritt beim Übergang in die Umsetzungsphase für die IT-Lösung.

Die Studie hatte zum Ziel, eine Entscheidungsgrundlage für das weitere Vorgehen (Konzeption, Umsetzung und Einführung) zu schaffen, welche in der Lage ist, solange mit den Unsicherheiten umzugehen, bis die Grundlagen sicher sind. Dazu umfasst die Studie Soll-Prozesse, Grobanforderungen, ein Datenmodell sowie eine Zielarchitektur. Auf Basis der Studie soll die Erstellung eines Grob-Pflichtenhefts und der weiteren Konzeption möglich sein. Die Entwicklung mehrerer Umsetzungsszenarien zur Einführung unter Berücksichtigung der Unsicherheiten stellte ebenfalls ein elementarer Bestandteil der Studie dar.

System «SEBE» kennenlernen

Mit dem neuen Selbstbestimmungsgesetz wird ein grosser Systemwechsel von Objekt- zu Subjekt-Finanzierung stattfinden. Es können folglich wichtige Chancen genutzt werden, um vorhandene Prozesse schlanker und schneller zu gestalten sowie die Inklusion der Betroffenen konsequent ins Zentrum zu rücken.

Die Einführung des Systems «SEBE» wird bis Ende 2026 andauern: Sowohl die Anmeldung zum Newsletter als auch wichtige Informationen über die Einführung, Zusammenarbeit, Leistungen, Beratung und Anbietende von Begleitung und Betreuung ab 2024 lassen sich auf der dafür erstellten Webseite des Kantons Zürich unter «Selbstbestimmung» finden.