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News

Rückblick: CNO Academy

Norman Briner

Workshop – «Erfahrungsaustausch für Bildungseinrichtungen zur Digitalisierung»

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Die Digitalisierung und die digitale Transformation haben Einfluss auf unsere Schulen. Oft fehlt ein Austausch über bisher eingesetzte und funktionierende Lösungen im Unterricht. Genau dieser Erfahrungsaustausch war das Ziel der CNO Academy, welche am 28. Oktober 2019 stattgefunden hat. Im Rahmen des CNO Panel 2019 haben Michael Kiener, Patrick Langloh, Michel Centi und Norman Briner einen Workshop zur Digitalisierung und digitaler Transformation an Schweizer Schulen gestaltet. Ihre Inputs bildeten die Grundlage für die anschliessende Diskussion. Insgesamt 26 Teilnehmende mit unterschiedlichen Kompetenzen, Wissen und Erfahrungen haben sich getroffen und diskutiert. Zu den Teilnehmenden zählten Rektoren und Konrektoren, Lehrer, Informatiker, Direktoren, Hochschulpräsidenten und Bildungsexperten. 

Dieser Artikel fasst die vorgestellten Inhalte sowie die Ergebnisse der Diskussionen zusammen. sieber&partners unternahm hierbei keine Wertung und Verifizierung der erarbeiteten Inhalte, sondern möchte eine Diskussionsgrundlage zur Verfügung stellen, damit wir gemeinsam eine sinnvolle Lern- und Lehrumgebung für die Schweizer Schulen schaffen können.  

Die Inhalte der Zusammenfassung gliedern sich in drei Teile: 

  • Wie sieht die Zukunft von Schulbibliotheken aus? Fünf Stossrichtungen für die Sekundarstufe II 

  • Können Prüfungen elektronisch ausgeführt werden? Erfahrungsbericht mit Realisierungsvarianten für die Sekundarstufe II 

  • IT-Unterstützung im Unterricht – ein Ausblick auf die nächsten 5 Jahre und darüber hinaus 

Zukunft von Schulbibliotheken 

Im Auftrag des Amts für Berufsbildung, Mittel- und Hochschulen des Kanton Solothurns hat sieber&partners eine Analyse zur Zukunft von Schulbibliotheken erarbeitet. Auslöser dafür war der Auftrag an das Amt für Informatik und Organisation Solothurn, eine neue Softwarelösung für vier Bibliotheken zu beschaffen. Ziel der Analyse war es, die digitale Transformation von Bibliotheken und kantonalen Schulen zu skizzieren. Im Vordergrund stand, dass die Softwarelösung kein Ersatz für die heutige sein sollte, sondern dass die Potentiale der digitalen Transformation berücksichtig sind. Die Analyse zeigt Entwicklungsmöglichkeiten und Zukunftsbilder für Bibliotheken als Anforderungen an neue Softwarelösungen auf. In zwei Workshops wurden mit Mitarbeitenden aus verschiedenen Bibliotheken fünf Gruppen von Trends identifiziert (vgl. Abbildung 1: Stossrichtungen für Bibliotheken). 

Abbildung 1: Stossrichtungen für Bibliotheken

Abbildung 1: Stossrichtungen für Bibliotheken

Elektronische Prüfungen

Am Wirtschaftsgymnasium Thun nehmen die Schüler seit zwei Jahren ihr eigenes elektronisches Gerät mit (BYOD). Digital geprüft wird schon länger. Dabei werden unterschiedliche Applikationen eingesetzt wie beispielsweise «isTest» für Sprachen, «ILIAS» für Naturwissenschaften und «moodle» für Finanz- und Rechnungswesen. Michael Kiener, seit einigen Jahren Lehrer für Wirtschaft und Recht, testet für seine Prüfungen in Wirtschaft und Recht immer wieder neue Applikationen wie beispielsweise «Forms» oder «Take a Test».  

Spicken bleibt ein Thema 

Kontrolle/Sicherheit ist auch beim digitalen Prüfen ein wichtiger Aspekt. Eine Variante ist der Einsatz der Software «Vision», damit die Lehrperson auf ihrem Gerät mittels Bildschirm-Übertragung die Schülerinnen und Schüler überwachen kann. Die ist aber nicht mehr als eine digitalisierte Form der physischen Aufsicht, wenn die Lehrperson von hinten im Raum schaut, dass niemand spickt. Besser ist es, wenn die Schülerinnen und Schüler in einer Prüfungs-Applikation «gefangen» sind und nichts anderes auf ihrem Gerät machen können. Die Lehrperson definieren die Prüfungsumgebung und schalten nach Bedarf einzelne Website und Applikationen freigeben. Bei Kieners Wirtschafts- und Rechtsprüfungen können die Schülerinnen und Schüler z. B. während der Prüfung online auf das ZGB und OR zugreifen – die entsprechende Website ist freigegeben – so haben sie immer die aktuellste Version der Gesetzgebung zur Hand. 

Gruppenprüfungen anstatt individueller Tests  

Die aktuellste Version von beispielsweise ZGB und OR stellt für Michael Kiener nur einen Vorteil des digitalen Prüfens dar. Seit der Einführung der digitalen Prüfungen schlägt er sich auch nicht mehr mit dem Entziffern von Schriften herum und kann alle Lösungen zu einer Frage nebeneinander einblenden, was eine faire Korrektur stark vereinfacht. Zudem können Lösungen publiziert und alte Prüfungen jederzeit elektronisch eingesehen werden. Als Nachteile von digitalen Prüfungen stellen sich Einarbeitungsaufwand der Lehrpersonen, Kosten und Abklärung rechtlicher Fragen zum Datenschutz dar. Michael Kiener empfiehlt vor allem, den Austausch unter den Lehrpersonen aktiv zu fördern. In naher Zukunft möchte Kiener die nächste Herausforderung meistern und eine Gruppenprüfung online realisieren (vgl. Abbildung 2: Ausblick digitales Prüfen).  

Abbildung 2: Ausblick digitales Prüfen

Abbildung 2: Ausblick digitales Prüfen

Diskussion: Digitales Prüfen 

In der Diskussion rund um das digitale Prüfen konnten einige Punkte festgehalten werden: 

  • Die Freiheiten der Lehrperson digital zu prüfen, sind je nach Schule und Kanton unterschiedlich gross. 

  • Das digitale Prüfen ist sowohl mit wie auch ohne BYOD möglich. 

  • Es gibt Applikationen, welche sich für bestimmte Fächer besser bzw. weniger gut eignen. 

  • Die digitale Prüfungsumgebung richtig zu definieren, ist mit Aufwand verbunden. 

  • Oft fehlt es in den Schulen an Supportressourcen für die Applikationen. 

  • Meistens gibt es keine etablierte Sitzung der Lehrpersonen für Austausch und Entwicklung.  

  • Bei digitalen Maturaprüfungen stellt sich zudem die Frage nach der Archivierung. 

  • Die Frage nach der Prüfungskultur muss neu diskutiert werden: Gibt es eine Differenz von Unterricht vs. Prüfungen? Findet die Prüfung mit oder ohne Internet statt? Wie ist die rechtliche Situation? 

Eine Kultur des digitalen Prüfens hat sich bisher an Schweizer Schulen aufgrund des grossen Aufwandes und des fehlenden Austausches sowie Support noch nicht durchgesetzt. Potenzial besteht, erfordert jedoch auch ein kritisches Überdenken von Sinn und Zweck der Prüfungen. 

Ausblick auf IT im Unterricht 

Die IT beeinflusst die Bildung und wird sie auch weiter verändern. Beispielsweise besitzen 98 Prozent der Schweizer Jugendlichen ein eigenes Handy, davon haben 97 Prozent ein Smartphone. Unter der Woche surfen Jugendliche heute täglich 2.5 Stunden im Durchschnitt, am Wochenende sind es sogar 3.5 Stunden. Diese neuen Realitäten haben viele Schulen aufgenommen und sind von einer Verbotskultur zu einer Unterstützung übergegangen. Sie versuchen elektronische Geräte in den Unterricht zu integrieren. Bei diesen neuen Modellen wollen aber nicht alle gleich stark mitmachen. Nicht alle Eltern sind dieser Entwicklung beispielsweise positiv gestimmt, was verständlich ist, wenn die vielfältigen Konsequenzen der digitalen Transformation betrachtet werden: 

  • Unsere Erwartungshaltung ändert sich: Alles muss jederzeit zur Verfügung stehen 

  • Es stehen viel mehr Informationen zur Verfügung – allerdings in unterschiedlicher Qualität 

  • Die Welt wird differenzierter und abstrakter: Wir wissen mehr als je zuvor und verstehen immer weniger 

  • Entfremdung und «Filterblasen» 

  • Datenschutz, Selbstbestimmung und Privatsphäre versus Bequemlichkeit der App-Welt  

  • Herausforderung «Work-Life-Blending» 

  • Emotionale Erschöpfung durch Reizüberflutung  

  • Alternative Lebensstile 

Die Anforderungen an die Schulen und Lehrpersonen werden sich ändern. Dabei gilt aber: Nicht alles, was technologisch möglich ist, ist auch methodisch und pädagogisch sinnvoll. Die Schulen sind herausgefordert, die technologischen Megatrends wie Smart Home und Smart City, Augmented Reality, Blockchain, Artificial Intelligence, Big Data, Virtual Reality und Internet of Things zu verstehen, um die Jugendlichen auf die Welt von morgen vorbereiten zu können. Ziel von Bildungsinstitutionen muss es sein, die Schülerinnen und Schüler auf das Informationszeitalter vorzubereiten. 

Nach dem Input von Michel Centi und Patrick Langloh wurden zwei Themen diskutiert: Einerseits welche Kräfte die Digitalisierung (Evolutionary Levels) und digitale Transformation (Revolutionay Levels) auslöst und andererseits, ob Schulen als digitaler Service – wie er z. B. von der eTeacherGroup erbracht wird – eine relevante Alternative darstellen (vgl. Abbildung 3: Digitale Transformation der Bildung).  

Abbildung 3: Digitale Transformation der Bildung

Abbildung 3: Digitale Transformation der Bildung

Diskussion: Veränderungen durch Digitalisierung/digitale Transformation  

Folgende Punkte konnte aus der Diskussion festgehalten werden: 

  • Die Schulen sind in einen kulturellen Kontext eingebettet (lokal), was ihnen Identität verleiht. 

  • Der individualisierte Unterricht kann durch die IT nicht ersetzt werden. 

  • Die sozialen Kompetenzen sind zentral für den Lernprozess und können nicht durch IT ersetzt werden. 

  • Pädagogische Kompetenz ist an den Menschen gebunden. 

  • Die Schule trägt zur Entwicklung der Sozialkompetenz bei und ist Teil der gesellschaftlichen Integration. 

Fazit: Soziale Interaktionen sind für das Lernen unabdingbar und können nicht durch IT ersetzt werden. 

Diskussion: Schule als digitaler Service 

Folgende Punkte konnte aus der Diskussion festgehalten werden: 

  • Es braucht gewisse Anforderungen wie die technische Ausstattung und die Grundkompetenz diese zu benutzen, damit der digitale Service überhaupt genutzt werden kann. 

  • Die Grundbildung, die soziale Interaktion und die Motivation würden bei der Schule als digitaler Service fehlen. 

  • Individualisiertes Lernen ist durch die künstliche Intelligenz möglich. 

  • Das Wissen wäre frei verfügbar, was zugleich Vor- oder Nachteil des Qualitätsaspektes sein kann. 

  • Genau diese freie Verfügbarkeit von Wissen kann zur Chancengleichheit weltweit beitragen. 

  • Viele Fragen bleiben offen: Wer würde die Kunden (Schülerinnen und Schüler) betreuen? Wer würde den Lehrplan festlegen? Gäbe es die staatliche Verantwortung noch? 

Fazit: Die Schule als digitaler Service kann die sozialen Interaktionen nicht ersetzen. Zudem stellt sich die Frage nach der Verantwortung für den Lehrplan und die einzelnen Lehrinhalte des digitalen Service. 

Hier geht es zur Anmeldung für die CNO Academy und das CNO Panel 2020 am 26. Oktober im Casino Bern.